Dienstag, März 19, 2024
spot_img
StartAktuellSD-WAN: Komplexe oder komplizierte Netzwerke?

SD-WAN: Komplexe oder komplizierte Netzwerke?

Frankfurt (Gastbeitrag von Ingo Wupper, VP Sales – Strategic Enterprise Business, GTT) – Unternehmen wechseln zusehends auf cloudbasierte Softwareanwendungen wie Office 365. Im Zuge dieses Wechsels werden auch die Anforderungen an die Netzwerkumgebung immer anspruchsvoller, ebenso wie die Anforderungen von Organisationen, Mitarbeitern und Kunden: Die IT muss auch in der Cloud diese reibungslose Nutzung der Anwendungen gewährleisten, als würde dieses im eigenen Netz betrieben werden. Als technologische Lösung für diese Aufgabe kommt daher SD-WAN ins Spiel: Die Technologie ist darauf ausgelegt, Effizienz, Netzwerkzuverlässigkeit und Leistung zu optimieren – und sie hat das Potenzial, die Kosten zu senken.

Ingo Wupper, VP Sales – Strategic Enterprise Business, GTT (Foto von Sabine Kristan)

Höher, weiter, schneller. Die Anforderungen an die IT-Infrastruktur können heutzutage kaum noch mit dem Bedarf des digitalen Informationszeitalters mithalten. Vor allem die Notwendigkeit, die Anwendungsgeschwindigkeit und Agilität in der Cloud aufrechtzuerhalten, toleriert jedoch keine suboptimale Netzwerkleistung. Insbesondere die Entwicklung des softwaredefinierten Wide Area Networking (SD-WAN) bringt einen neuen Ansatz, der kompromisslose Netzwerkleistung sicherstellen soll.

SD-WAN ist eine Anwendung zur Installation eines Unternehmensnetzwerkes, das SDN (Software-defined Networking) nutzt. SD-WAN ist ein Overlay und wählt automatisch die beste Verbindung für die jeweils verwendete Applikation für das designierte Ziel aus. Als Hybrid-Netz können Daten beispielsweise über eine MPLS-Verbindung laufen und gleichzeitig Elemente wie 4G oder 5G oder Internetleitungen – auch für kritische Daten – genutzt werden. Es definiert dabei die Applikation, wie das Netz am besten genutzt werden kann. SD-WAN erkennt nicht nur Quelle und Zielort jener Applikationen, sondern kann jede Applikation durch Deep Paket Inspection erkennen und den Traffic unterschiedlich leiten und optimieren. Im SD-WAN kombiniert Hard- und Software beim Kunden mit einer zentralen Netzwerkintelligenzfunktion, welche die Leistung von Anwendungen über alle verfügbaren Verbindungen an allen Standorten versteht. Die Technologie analysiert den gesendeten Datenverkehr und verwendet eine dynamische Wegführung, um sicherzustellen, dass die Informationen ihr Ziel mit der entsprechenden Priorität und an Hand der zu dieser Zeit gegebenen jeweiligen Anbindungsqualität erreicht. Zudem ist eine zentrale Kontrolle und Steuerung mit SD-WAN, sowie das Management des Datenverkehrs auch in der Cloud über verschiedene Verbindungen in Echtzeit möglich. In der Praxis zeigen sich die Vorteile beispielsweise durch einen effizienten Ansatz für die kostengünstige Anbindung von verschiedenen Niederlassungen – was zu Kosteneinsparungen führt.

Für Unternehmen, die in SD-WAN investieren möchten, gilt es jedoch mehrere Faktoren zu berücksichtigen.

Kontrolle: Die visualisierte Überwachung der einzelnen Anwendungen sorgt einerseits für mehr Transparenz und erlaubt andererseits die Verfolgung verschiedener Parameter wie z.B. Latenzzeiten oder einzelner Applikationsströme in Echtzeit. So können die IT Verantwortlichen oder der Service Provider jeden einzelne Applikations-Session lokalisieren und deren Qualität nachvollziehen, und zwar grafisch aufbereitet. Die Erkenntnis, genau zu wissen, welche Leitungen von welchen Verbindungen wie genutzt werden, schafft Transparenz und ermöglich ein gezieltes Entstören von Problemen beim einzelnen Nutzer. Verwendet das Unternehmen beispielsweise Anwendungen, die unterschiedlich priorisiert werden müssen? Oder nutzt man teurere MPLS Leitungen für Anwendungen, für die eigentlich eher die Leistung einer Internet-Leitung ausreichen würde, beispielweise für Public Cloud Anwendungen? Ist gar das Netzwerk nicht der Grund für die Geschwindigkeitsprobleme? Das bedeutet volle Transparenz in Echtzeit – und nicht nur, dass man einmal im Monat einen Bericht abrufen kann.

Sicherheit: Sämtliche Kommunikation über SD-WAN ist verschlüsselt – schon allein deshalb, weil viele verschiedene Zugangsleitungen mit unterschiedlichen Sicherheitsniveaus verwendet werden. Die Übertragung bleibt auch beim Wechsel zwischen den Netzwerken erhalten. Der Nebeneffekt: Selbst Daten auf heute häufig noch unverschlüsselte MPLS Netzwerke werden verschlüsselt, was die Authentizität und Vertraulichkeit der transportierten Daten erhöht. Dabei kann SD-WAN in der Regel auch so konfiguriert werden, dass selbst der Provider keine Schlüsselberechtigung hat und nicht auf die Daten zugreifen kann.

Geschwindigkeit: SD-WAN verfolgt den „dynamischen n mal Active-Active-Ansatz“, d.h. alle Leitungen werden gleichermaßen genutzt und dynamisch von den Applikationen benutzt – in Abhängigkeit der zu diesem Zeitpunkt gerade erreichbaren Qualitäten der Anbindungen ; dies ist mit MPLS nur mit hohem Konfigurationsaufwand, und auch nur statisch, zu realisieren. Zusätzlich nutzt SD-WAN bei einigen Herstellern auch Techniken der WAN Optimierung, beispielweise durch lokales Caching, Eingriffe in Applikations-Protokolle oder in Mechanismen in der TCP/IP Übertragung. Insbesondere Unternehmen mit Servern im Ausland und großer geografischer Ausbreitung benötigen diese Form des optimierten Datenverkehrs.

Effizienz: Die notwendigen Bandbreiten ändern sich ständig. In der Regel benötigen Kunden meist über die Zeit mehr Bandbreite. Mit SD-WAN können Unternehmen ihr Netzwerk wesentlich flexibler hinsichtlich der Standortanbindung, bspw durch Nutzung von im Verhältnis günstigen Internetanbindungen mit grosser Bandbreite, gestalten oder dem „Abzweigen“ des Datenverkehrs zu public Cloud Anbietern direkt am Standort über eine Internet Anbindung, wodurch sich auch die Kosten für das WAN günstiger gestalten lassen.

Darüber hinaus ist aber auch die Auswahl der SD-WAN-Anbieter komplex, aber nicht unnötig kompliziert. Zumindest, wenn man zwei wichtige Punkte berücksichtigt:

  1. Es ist wichtig, den Reifegrad des IT-Teams eines Unternehmens – also die Fähigkeiten und die Erfahrung – zu reflektieren. Reine SD-WAN-Hersteller werden zwar beeindruckende Technologien anbieten, aber sie stellen nie das zugrunde liegende Netzwerk – komplett überwacht und betrieben – zur Verfügung. Darüber hinaus benötigen die kundenseitigen IT-Mitarbeiter in der Regel Hilfe bei der Frage, wie sie die SD-WAN-Technologie an die Umgebung und die Geschäftsabläufe ihres Unternehmens anpassen können. Unternehmen müssen sich auch bewusst sein, dass die End-to-End-Kontrolle und Vorhersagbarkeit ihrer geschäftskritischen Anwendungen viel schwieriger zu erreichen ist, wenn Internet Service Provider keinen effizienten, latenzarmen Internetzugang zu ihrer Cloud oder ihrem Software-as-a-Service Provider anbieten können. Insofern ist es instrumental einen Service Provider mit guter Netzinfrastruktur einzusetzen. Die Entscheidung für die Administration des Dienstes durch einen erfahrenen SD-WAN- und Netzwerkdienstleister, am besten aus einer Hand, stellt darüber hinaus die Bereitstellung des Kernnetzes, einen effizienten und performanten Netzbetrieb und eine optimale SD-WAN Konfiguration sicher.
  2. Bei der Evaluierung einer SD-WAN-Lösung darf das Management SD-WAN nicht als reinen Konnektivitätsdienst zur Kostensenkung betrachten. Der Bewertungsprozess sollte auch alle anderen Vorteile der jeweiligen SD-WAN-Lösungen in punkte vereinfachtes Netzwerkmanagement und verbesserter Anwendungsleistung und damit Kundenutzen berücksichtigen. Beide liefern dem Unternehmen echten Mehrwert.

Kurz gesagt: SD-WAN hat enormes Potenzial, um Unternehmensnetzwerken Kontrolle und Flexibilität und sinkende WAN Kosten zu ermöglichen. Es ist in der Lage, Organisationen bei der Anpassung an die sich verändernde Umgebung zu unterstützen, welche durch das Wachstum digitaler und cloudbasierter Anwendungen entsteht. SD-WAN wandelt somit die komplizierten Netzwerkabläufe in ein komplexes Hybridnetz um. So einfach werden aus angehenden Herausforderungen erfolgsversprechende Chancen.

 

Jens Breimeier
Jens Breimeier
Jens Breimaier kümmerte sich bei BTN Media um Business Development und den Aufbau von neuen Geschäftsfeldern. Er hat über 19 Jahren Erfahrung und Erfolg im Medien- und Onlinebusiness, u.a. bei Burda, Verlagsgruppe Milchstraße, Bauer Verlagsgruppe und Vibrant Media: "Ich arbeite mit Brands, Agenturen, Startups und Publishern im Online-Business und unterstütze sie beim Wachstum ihres Geschäfts sowie beim Aufbau von Know-How und Netzwerk. Meine Erfahrung als Sales- und BD-Verantwortlicher, sowie bei der Umsetzung von komplexen Aufgabenstellungen geben mir eine fachliche Basis und Kompetenz, die ich weiter geben möchte."
zugehörige Artikel

Top Artikel